Anwaltskanzlei Claudia Heller | Aktuelles
Rechtsanwältin Claudia Heller, Fachanwältin für Familienrecht gründete im Jahr 2000 ihre Anwaltskanzlei in Kempten. Als Rechtsanwältin spezialisiert auf den Rechtsgebieten des Familienrechtes, Erbrechtes, Handels- und Gesellschaftsrechtes. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte im Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht, Immobilien- und Grundstücksrecht, Baurecht, Verkehrsrecht, Versicherungsrecht sowie im Schadensersatzrecht.
Anwaltskanzlei Claudia Heller in Kempten, Fachanwältin für Familienrecht. Tätigkeitsschwerpunkte in Familienrecht, Erbrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Vertragsrecht, Arbeitsrecht, Miet- und Pachtrecht, Immobilien- und Grundstücksrecht, Baurecht, Verkehrsrecht, Versicherungsrecht sowie im Schadensersatzrecht. Rechtsanwältin Claudia Heller hat ihre Kanzlei in Kempten, Königstraße 17.
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Neue Entscheidungen

(vgl. IWW Institut, FK Familienrecht kompakt)

Wechselmodell:

Wohn-und Fahrtkosten als Mehrbedarf des Kindes

BGH, Entscheidung vom 05.11.2014, XII ZB 599/13

  1. Die im Rahmen eines Wechselmodells von einem Elternteil geleistete Kinderbetreuung kann nicht zur Befreiung von seiner Barunterhaltspflicht führen.
  2. Im Fall des Wechselmodells haben beide Elternteile für den Barunterhalt einzustehen. Der Unterhaltsbedarf bemisst sich nach den beiderseitigen Einkommen der Eltern und umfasst außerdem die in Form des Wechselmodells entstehenden Mehrkosten (vor allem Wohn-und Fahrtkosten).
  3. Ob ein Elternteil die Hauptverantwortung für ein Kind trägt und damit seine Unterhaltspflichten i.S. des § 1606 Abs. 3, S.2 BGB bereits durch Erziehung und Pflege erfüllt, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Dabei kommt der zeitlichen Komponente der von ihm übernommenen Betreuung zwar eine Indizwirkung zu, ohne dass sich allerdings die Beurteilung allein hierauf zu beschränken braucht. Ergibt sich bei annähernd hälftiger Mitbetreuung ein deutliches Schwergewicht der Betreuungsverantwortung bei einem Elternteil, ist von der regelmäßigen gesetzlichen Verteilung der Unterhaltsanteile nach § 1606 Abs. 3, S. 2 BGB auszugehen. In diesem Fall kann der den anderen infolge des erweiterten Umgangsrechts treffenden finanziellen Mehrbelastung dadurch Rechnung getragen werden, dass für seine Aufwendungen eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle erfolgt. Ferner kann der Unterhaltsbedarf weitergehend gemindert sein, wenn der Barunterhaltspflichtige dem Kind bei seinem erweiterten Umgangsrecht Leistungen erbringt, mit denen er den Bedarf des Kindes auf andere Weise als durch Zahlung einer Geldrente teilweise deckt.

Rückforderung der Schwiegerelternschenkung nach Ehescheitern

BGH, Entscheidung vom 03.12.2014, XII ZB 181/13

Auf eine Schwiegerelternschenkung sind die Regeln der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB anwendbar. Wenn der Fortbestand der Ehe Geschäftsgrundlage der Zuwendung war, führt das Scheitern der Ehe nicht automatisch, sondern nur bei gesondert festzustellender Unzumutbarkeit des Festhaltens an der Schenkung zu einem Anspruch auf Vertragsanpassung.

Erforderlich ist, dass ein Festhalten an der Vereinbarung für den Zuwendenden zu einem untragbaren Ergebnis führt. Ob dies der Fall ist, kann nur nach einer umfassenden Interessenabwägung festgestellt werden. Bedeutsam sind

  • die Ehedauer
  • die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse von Schwiegereltern und früheren Ehegatten
  • der Umfang der durch die Zuwendung bedingten und dem Schwiegerkind noch vorhandenen Vermögensmehrung sowie
  • die mit der Schenkung verbundenen Erwartungen des Zuwendenden hinsichtlich seiner Versorgung im Alter.

Ein Anspruch auf dingliche Rückgewähr des Geschenks gibt es nur in Ausnahmefällen. Der Rückgewähranspruch der Schwiegereltern gemäß § 313 BGB ist kein familienrechtlicher Anspruch. Die Verjährung der gemäß § 313 Abs. 1 BGB erfolgenden Vertragsanpassung einer Grundstücksschenkung von Schwiegereltern richtet sich nach § 196 BGB.

BGH, Entscheidung vom 26.11.2014, XII ZB 666/13

Schenkungen von Schwiegereltern zur Bedienung eines Immobilienkredits können ihre Geschäftsgrundlage im dauerhaften Wohnen des eigenen Kindes nur im Umfang des Tilgungsanteils haben. Mit dem Zinsanteil werden dagegen Kosten des laufenden Lebensunterhalts bestritten, die grundsätzlich nicht zur Rückforderung berechtigen.

Unterhalt des geschiedenen Ehegatten bei Nach- und Gleichrangigkeit des neuen Ehegatten

BGH, Entscheidung vom 07.05.2014, XII ZB 258/13

 

  1. Ist der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen gegenüber dem geschiedenen Ehegatten nach § 1609 Nr. 3 BGB nachrangig, ist dessen Unterhaltsanspruch im Rahmen der Leistungsfähigkeit grundsätzlich nicht als sonstige Verpflichtung zu berücksichtigen. Der unterhaltsrechtliche Vorrang des geschiedenen Ehegatten wirkt sich bei der Billigkeitsabwägung nach § 1581 BGB vielmehr in Höhe des vollen Unterhaltsbedarfs nach den ehelichen Lebensverhältnissen aus, da die Rangvorschriften des § 1609 BGB selbst Ausdruck einer gesetzlichen Billigkeitswertung sind.
  2. Sind ein geschiedener und ein neuer Ehegatte nach § 1609 BGB gleichrangig, ist im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen eine Billigkeitsabwägung in Form einer Dreiteilung des gesamten unterhaltsrelevanten Einkommens rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden (im Anschluss an BGHZ 192,45 = FamRZ 12,281).
  3. Steht der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen in Bezug von Elterngeld, bleibt der nach § 11 S. 1 BEEG geschonte Sockelbetrag des Elterngeldes bei der Ermittlung des für die Dreiteilung verfügbaren Gesamteinkommens unberücksichtigt (Fortführung von FamRZ 06,1182).
  4. Übt der neue Ehegatte des Unterhaltspflichtigen wegen der Betreuung der im Haushalt lebenden gemeinsamen minderjährigen Kinder keine Erwerbstätigkeit aus, können ihm bei der Ermittlung des Gesamteinkommens fiktive Erwerbseinkünfte zugerechnet werden, wenn und soweit er im hypothetischen Fall einer Scheidung trotz der Kinderbetreuung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verpflichtet wäre. Während der ersten drei Lebensjahre des Kindes kommt dies aber auch dann nicht in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige als Rentner selbst keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgeht.

Bedarfsdeckung durch Familienunterhalt

Sofern der Eigenbedarf eines verheirateten Unterhaltspflichtigen durch seinen Ehegatten gedeckt wird, kann er sich nicht auf den ihm zustehenden -gegebenenfalls herabgesetzten- Selbstbehalt berufen (BGH NJW 03, 3770), so bei einem Anspruch auf Familienunterhalt, § 1360, 1360 a BGB. Der Familienunterhalt ist mit dem Geldbetrag zu veranschlagen, der der Hälfte des gemeinsamen bereinigten Nettoeinkommens des Pflichtigen und seines Ehegatten entspricht. Ein Erwerbstätigenbonus wird nicht angesetzt (BGH NJW 03, 1646) und überobligationsmäßige Einkünfte bleiben außer Betracht. Dem Ehegatten muss jedoch der Selbstbehalt von derzeit 1.200,00 EUR verbleiben. Der Einkommensteil des besser verdienenden Ehegatten, der seinen eigenen Hälfteanteil am bereinigten gemeinsamen Nettoeinkommen übersteigt, kann zur Deckung des Eigenbedarfs dem Pflichtigen zugewiesen werden. Der jeweils maßgebliche Selbstbehalt des Pflichtigen kann im Umfang der anderweitigen Deckung herabgesetzt werden, bei günstigen Verhältnissen sogar auf Null. Die zur Verfügung stehenden Mittel sind, soweit sie nicht zur Verteidigung des Selbstbehaltes benötigt werden, für den Unterhalt einzusetzen.

Hausmannrechtsprechung und Rollentausch

Trotz Eingehung einer neuen Ehe bleibt ein Elternteil einer minderjährigen oder volljährig privilegierten Kind aus erster Ehe, das vom anderen Elternteil betreut wird, barunterhaltspflichtig, § 1603 Abs. S. 3 BGB, auch wenn er im Einvernehmen mit dem neuen Partner die Haushaltsführung und ggf. die Kinderbetreuung übernommen hat (BGH FamRZ 96, 796; 06, 1827). Damit erfüllt er aber nur seine Unterhaltspflicht gegenüber dem neuen Ehegatten (§ 1360 S. 2 BGB) und gegenüber dem Kind (§ 1606 Abs. 2 S. 3 BGB, BGH FamRZ 96, 796). Die Kinder aus der früheren Ehe stehen unterhaltsrechtlich im gleichen Rang (§ 1609 Nr. 1 BGB) wie die Halbgeschwister aus der neuen Ehe. Erzielt der Barunterhaltspflichtige Einkünfte aus Erwerbstätigkeit, sind diese für die Ermittlung des Unterhaltsbedarfs maßgeblich. Das gilt für Kinder aus seiner ersten Verbindung auch, wenn sich seine Einkommensverhältnisse durch die neue Verbindung verbessert haben (BGH FamRZ 06,1827).

Hat der Unterhaltspflichtige einen Rollentausch vorgenommen, weil er in der früheren Familie den Familienunterhalt durch seine eigene Erwerbstätigkeit sichergestellt hat, kann er dies den Kindern aus erster Ehe nur unter engen Voraussetzungen entgegenhalten. Der Rollenwechsel muss von den unterhaltberechtigten Kindern nur hingenommen werden, wenn sich durch die Erwerbstätigkeit des neuen Ehegatten die Einkommenssituation in der neuen Familie wesentlich günstiger gestaltet oder sonstige vergleichbare Gesichtspunkte von gleichem Gewicht (zum Beispiel berufliche Aufstiegschancen des neuen Ehegatten) vorliegen, die für die neue Familie einen erkennbaren Vorteil mit sich bringt, BGH FamRZ 06, 1827). Sind aus der neuen Ehe jedoch keine betreuungsbedürftigen Kinder hervorgegangen, kann sich der unterhaltspflichtige Elternteil gegenüber den minderjährigen Kindern aus der früheren Ehe regelmäßig nicht auf eine Einschränkung seiner Leistungsfähigkeit durch die Haushaltsführung berufen. Das hat regelmäßig zur Folge, dass er sich fiktive Einkünfte anrechnen lassen muss, aus denen er die Unterhaltspflicht gegenüber dem unterhaltsberechtigten minderjährigen Kind zu erfüllen ist (BGH FamRZ 01, 1065). Dies dürfte auch gelten, wenn in der neuen Verbindung keine eigenen Kinder hervorgegangen sind, der Unterhaltspflichtige aber Kinder des jetzigen Partners aus einer anderen Verbindung betreut (BGH FamRZ 01,1065). Insoweit ist eine umfangreiche Nebentätigkeit zu verlangen, die den Mindestunterhalt sicherstellt.

Muss der Rollenwechsel von dem Unterhaltsberechtigten hingenommen werden oder liegt gar kein Rollenwechsel vor, weil der Unterhaltspflichtige schon in früherer Ehe nicht in nennenswertem Umfang erwerbstätig war (BGH NJW 96, 1815), muss der Unterhaltspflichtige gleichwohl zum Unterhalt der Kinder aus erster Ehe beitragen. Der neue Ehegatte muss es dem Unterhaltspflichtigen ermöglichen, neben seiner Hausmannsrolle durch geringfügige Beschäftigungen in den Abendstunden und am Wochenende, Heimarbeit am Computer oder häusliche Erledigung einfacher Lohnarbeiten, Nebeneinkünfte zu erzielen, ggf. unter Zuhilfenahme von Fremdbetreuungsmöglichkeiten (BGH FamRZ 06, 1827). Der neue Ehegatte hat die Erfüllung dieser Obliegenheit nach dem Rechtsgedanken des § 1356 Abs. 2 BGB zu ermöglichen, zumal bei der Aufgabenverteilung in der neuen Ehe die beiderseits bekannte Unterhaltslast gegenüber Kindern aus der früheren Ehe berücksichtigt werden muss. Denn der neue Ehegatte müsste es auch im Fall der Vollerwerbstätigkeit des unterhaltspflichtigen Ehegatten hinnehmen, dass die Einnahmen daraus nicht nur zur Bestreitung des Familienunterhalt zur Verfügung stünden, sondern zum Teil zum Unterhalt der gleichrangigen Kinder aus einer früheren Ehe verwendet werden müssten (BGH FamRZ 06, 1827).

Bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit sind die Synergie-Effekte aus der gemeinsamen Haushaltsführung zu berücksichtigen (BGH FamRZ 08, 594).

Zumindest während des Bezugs von Elterngeld nach dem BEEG wird dem Hausmann die Ausübung einer Nebenerwerbstätigkeit allerdings nicht zuzumuten sein. Indessen ist das Elterngeld -und zwar nach § 11 S. 4 BEEG auch der Sockelbetrag nach § 2 Abs. 4 S. 1 BEEG von aktuell 300,00 EUR- gegenüber den minderjährigen Kindern aus erster Ehe grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen.

Der Unterhaltsschuldner muss seine eigenen Einkünfte aber nur und insoweit einsetzen, als sein eigener notwendiger Bedarf (880,00 EUR) durch den von seinem zweiten Ehegatten geschuldeten Familienunterhalt gedeckt ist. Der zweite Ehegatte muss daher mit seinem Einkommen in der Lage sein, seinen Eigenbedarf, den notwendigen Bedarf des unterhaltspflichtigen Ehegatten (Hausmannes) und gegebenenfalls den Bedarf der aus zweiter Ehe hervorgegangen Kinder zu decken.

  • Ist ein Rollentausch nicht hinzunehmen, ist fiktiv auf die zuvor erzielten oder erzielbaren Einkünfte abzustellen, und zwar einschließlich der sich aus einer neuen Verbindung ergebenden Vorteile.
  • Ist ein Rollentausch hinzunehmen, besteht ggf. eine Verpflichtung zur Ausübung einer Nebentätigkeit auch in nicht der eigenen Qualifikation entsprechenden Arbeitsbereichen. Daraus können tatsächliche oder fiktive Eigeneinkünfte jedenfalls bis 450,00 EUR zu berücksichtigen sein.
  • Daneben können sich bare Einkünfte aus dem Taschengeldanspruch in Höhe von 5 -7 % des Nettoeinkommens des Pflichtigen gegenüber seinem neuen Ehegatten ergeben.
  • Zur Generierung bedarfsdeckend einzusetzender Einkünfte kann jedoch nicht auf den Anspruch des barunterhaltspflichtigen Elternteils gegenüber seinem Ehegatten auf Familienunterhalt zurückgegriffen werden.

Erwerb eines Wohnvorteils aus in der Ehe vorhandenem Vermögen

BGH, Entscheidung vom 09.04.2014, XII ZB 721/12

Setzt der aus der Ehewohnung gewichen Ehegatte den Verkaufserlös aus seinem früheren Miteigentumsanteil an der Ehewohnung für den Erwerb einer neuen Wohnung ein, tritt der Wohnvorteil der neuen Wohnung an die Stelle eines Zinses aus dem Erlös.

Gesteigerte Unterhaltspflicht: Leistungsfähigkeit

Streitpunkt ist in der Praxis oft die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners bei der gesteigerten Unterhaltspflicht.

Dazu folgende Checkliste:

  1. Umfang der Erwerbstätigkeit

Arbeitskraft muss in zumutbarer Weise ausgeschöpft werden.

Pflicht zur Nebentätigkeit muss geprüft werden.

Wöchentliche Arbeitszeit von 48 Stunden einhalten.

Arbeitszeiten bei verschiedenen Arbeitgebern werden addiert.

Arbeitsrechtliche Hindernisse aus der Haupttätigkeit beachten.

  1. Zurechnung fiktiver Einkünfte

Einkünfte müssen objektiv erzielbar sein.

  1. Hinzuverdienst Arbeitslosigkeit

Freibetrag bei Arbeitslosigkeit beträgt 165 EUR.

  1. Umfang der Erwerbsbemühungen

Dokumentationspflicht eines arbeitslosen Unterhaltspflichtigen

  • verfasste Bewerbungsschreiben chronologisch geordnet, durchnummeriert
  • erhalten Antwortschreiben (Absagen, Einladungen zu Vorstellungsgesprächen) auf die Bewerbungsschreiben, chronologisch geordnet und durchnummeriert, bei telefonischen bzw. persönlichen Vorsprachen: kurze Notiz mit Datum, Ansprechpartner, Stellenbeschreibung und Inhalt des Gesprächs
  • selbst geschaltete Anzeigen in Tageszeitungen, Wochenblättern in Kopie
  • Aufstellung über Termine beim Arbeitsamt/privaten Arbeitsvermittlern/Zeitarbeitsfirmen mit Datum, Ansprechpartner, Inhalt des Gesprächs
  • Dokumentation der Arbeitssuche im Internet durch Ausdruck der entsprechenden Recherche
  • sonstige Bewerbungsbemühungen
  • Nachgehen von Hinweisen des Ehegatten auf freie Stellen
  • Teilnahme an Sprachkursen zur Verbesserung der Vermittelbarkeit
  1. Höhe eines fiktiven Einkommens

Reale Beschäftigungschance erforderlich. Maßgeblich sind der Arbeitsmarkt und die persönlichen Verhältnisse. Die Höhe des fiktiven Einkommens muss sich an dem unter Berücksichtigung der beruflichen Fortbildung realistisch erzielbaren Verdienst orientieren und ist -ggf. mit Hilfe von Tarifverträgen oder Lohnspiegeln (www.lohnspiegel.de)- als Bruttoverdienst zu schätzen. Maßgeblich dafür sind die persönlichen Verhältnisse, nach denen die realistische Beschäftigungschancen zu beurteilen sind. Kriterien sind:

  • welche beruflichen Kenntnisse und Fähigkeiten hatte der konkrete Unterhaltspflichtige im zu entscheidenden Fall?
  • Welche konkreten Einschränkungen stehen einer vollschichtigen Tätigkeit entgegen?
  • Welche Art der Tätigkeit kann man daher von ihm tatsächlich verlangen?

Auch die Heranziehung der in zahlreichen Branchen geltenden Mindestlöhne (gesetzlicher Mindestlohn seit 01.01.2015: 8,50 EUR) kommt in Betracht

11,55 EUR Dachdecker, 10,10 EUR Elektrohandwerker, 10,25 EUR Gerüstbauer, 9,00 EUR Pflegeberufe und 10,00 EUR Maler und Lackierer (ungelernt).

  1. Ende der Fiktion

Eine Einkommensfiktion geht nicht ewig. Erst wenn der Unterhaltspflichtige sich ernsthaft und intensiv ohne Erfolg um eine Arbeitsstelle bemüht hat, ist ihm das fiktive Einkommen nicht mehr zuzurechnen. Dazu ist in einem Abänderungsverfahren konkret vorzutragen. Die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle auf fiktiver Grundlage ergangenen Unterhaltsurteils ist nicht bereits mit der Behauptung zulässig, der Abänderungskläger genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr, dass der Abänderungsklage geltend macht, er hätte die Arbeitsstelle inzwischen aus anderen Gründen verloren.

  1. Leistungsfähigkeit bei Bezug von Sozialleistungen
  1. Absenkung des Selbstbehalts doch Haushaltsersparnis

Der Unterhaltsschuldner trägt die Darlegungs-und Beweislast dafür, dass durch das Zusammenleben in der Bedarfsgemeinschaft keine Ersparnisse erwachsen.

Grenzen der gesteigerten Unterhaltspflicht

Die gesteigerte Unterhaltspflicht findet ihre Grenze, wenn ein anderer unterhaltspflichtiger Verwandter vorhanden ist, § 1603 Abs. 2 S. 3 BGB.

Dabei kann der betreuende Elternteil barunterhaltspflichtig sein. Die Haftung des Betreuungselternteils für den Barunterhalt eines minderjährigen Kindes setzt dabei jedoch ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht voraus (BGH FamRZ 13, 1558). In der Regel liegt ein erhebliches wirtschaftliches Ungleichgewicht bei einem Einkommensunterschied von 20 % noch nicht vor, so dass der barunterhaltspflichtige Elternteil in diesen Fällen auf den notwendigen Selbstbehalt verwiesen werden kann (OLG Hamm NJW RR 03, 1161). Anderes soll dagegen bei einem Einkommensunterschied von rund 90 % gelten (OLG Hamm FamRZ 06, 1628: 993,00 EUR einerseits, 1.860 EUR andererseits). Nach anderer Ansicht ist eine Einkommensdifferenz von 500,00 EUR erforderlich (OLG Schleswig 23.12.13 zu 15 UF 100/13).

Erforderlich ist eine umfassende Billigkeitsabwägung

Dies gilt nicht für privilegiert volljährige Kinder, weil beide Elternteile diesem bis zur Grenze des notwendigen Selbstbehalts auf Unterhalt anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen haften und das notwendige Korrektiv durch die Berechnung der Haftungsquote hergestellt wird (BGH FamRZ 08,137).